Sind Punkte und Meilen sicher in der Coronakrise? Jeden Tag erreichen uns katastrophale Nachrichten aus der Tourismus- und Airline Industrie. Ein Ende ohne Schrecken ist noch nicht absehbar.
Als ich vor etwas mehr als zwei Wochen unter der Überschrift „Fliegt Lufthansa bis September nicht“ ein scheinbar falsches Memo von Lufthansa Technik veröffentlichte, war ich mir recht sicher, dass es sich um eine Fake News handelte. Heute jedoch erhielt die Nachricht wieder Auftrieb.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat in einem Interview davon abgeraten, jetzt den Sommerurlaub zu buchen. „Ich rate dazu, mit solchen Plänen noch zu warten. Für Juli und August kann derzeit niemand verlässliche Vorhersagen machen“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Kommt es doch zu einem Grounding bis in den September hinein? Und sind Punkte und Meilen sicher in dieser Zeit?
Schon 2019 war ein Rekordjahr für die Luftfahrtindustrie. Ein Rekordjahr im Hinblick auf Insolvenzen. 23 Airlines mussten den Betrieb einstellen. Unter den Insolvenzen befand sich der Shooting-Star Wow Air und die deutsche Germania.
2020 könnte diese Zahl, befeuert durch die Coronakrise, noch überschritten werden. Die ersten Fluggesellschaften mussten ihren Betrieb bereits einstellen. Darunter die schon „vorerkrankte“ britische flybe und der schwedische Regionalflieger Braathens. Auch die deutsche Thomas Cook Aviation, die ab Düsseldorf und Leipzig mit sechs Maschinen für Condor unterwegs war, ist insolvent.
Lufthansa verliert 1 Million Euro – pro Stunde
Die US-Fluggesellschaft Delta verliert derzeitig jeden Tag 60 Millionen Dollar und die Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, des Star-Investors Warren Buffet, hat ihre Beteiligung an Delta um 18 Prozent reduziert.
Die Lufthansa verliert gerade 1 Million Euro – pro Stunde. „In Summe verlieren wir daher jede Stunde eine Million Euro unserer Liquiditätsreserve – Tag und Nacht, Woche für Woche und wohl auch noch Monat für Monat“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor wenigen Tagen in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter.
Der Branchenverband der Luftfahrtindustrie IATA geht inzwischen davon aus, dass die Fluggesellschaften 2020 im Passagiergeschäft weltweit zwischen 63 und 113 Milliarden Dollar an Umsatz verlieren.
Der deutsche Flughafenverband ADV spricht von einem „historischen Tiefstwert“. Laut SPIEGEL Informationen wurden in der Woche vom 30. März bis 5. April nur noch 97.693 Passagiere vom ADV in Deutschland gezählt. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Einbruch von fast 98 Prozent. In absoluten Zahlen liest sich dieser Wert noch krasser. In der Vergleichswoche 2019 reisten noch mehr als 4,5 Millionen Gäste über die deutschen Flughäfen.
Die Airlines leiden darunter, dass kaum eine Maschine startet. Lufthansa befördert zurzeit zum Beispiel statt 350.000 Fluggästen weniger als 3.000 am Tag. Hinzu kommen noch die Liquiditätsbelastungen durch Stornierungen. EU-Kommissarin von der Leyen hat noch einmal klargemacht, dass sich an der europäischen Rechtslage nichts geändert hat und betroffene Passagiere Anspruch auf Geld zurück haben.
Jeder von uns der Fliegen und Reisen liebt und nicht aufgrund einer wirtschaftlichen Schieflage dringend auf eine Erstattung angewiesen ist, sollte meiner Meinung nach umbuchen oder einen Gutschein akzeptieren.
Wie es in Deutschland mit der Bereitschaft aussieht, einen Gutschein zu akzeptieren, kann ich aktuell nicht berichten. Paulo Kakinoff, CEO der zweitgrößten brasilianischen Fluggesellschaft GOL, erklärte am 7. April in einem Investor-Update, dass 85 % ihrer Kunden einen Gutschein dem Refund vorziehen.
Gestern erst bat Anthony Francis „Tony“ Fernandes, CEO von Air Asia in einer Mail an die Kunden, auf Refunds zu verzichten. „Es lässt sich nicht leugnen, dass unsere Branche hart getroffen wurde, und wir sind da keine Ausnahme.“ heißt es in der Mail.
„Dies ist möglicherweise die größte Herausforderung, der wir uns jemals stellen mussten. Wir haben keine Einnahmen zu verzeichnen, 96 % unserer Flotte ist am Boden, und wir haben immer noch erhebliche laufende finanzielle Verpflichtungen wie Treibstofflieferanten und Leasing-Agenten.“
Hast du Angst um deine Punkte und Meilen?
In dieser brisanten Lage ist es nicht verwunderlich, dass mich jeden Tag auf Facebook und Instagram Messages erreichen und ich viele E-Mails bekomme, in denen immer wieder das Gleiche gefragt wird. Sind Punkte und Meilen sicher in dieser Coronakrise?
Stellvertretend hier eine E-Mail, die mich vor ein paar Tagen von einem Community-Mitglied erreicht hat:
„Lufthansa ist ein Konzern, welches bei der bedauerlichen und derzeitigen Covid-19 Pandemie wie kaum ein anderer Konzern leidet.
(Neben Tui und anderen Reisekonzerne/Luftfahrt natürlich). Wenn man sich jedoch den Free Cash Flow und die Unternehmensumsätze der Lufthansa AG anschaut und mal die Pandemie außen vor lässt, fällt auf, dass die Lufthansa ohnehin schon lange mit dem Margen zu kämpfen hat.
Kurzum: Das Unternehmen hat schon seit Jahren Probleme, die Pandemie bricht dann insbesondere solchen Unternehmen in dieser Phase schlicht und ergreifend das Genick. Der Free Cash Flow des Unternehmens reicht gerade mal für maximal 17 Wochen. Das geht aus einigen Artikeln hervor.
Im Klartext, ohne Staatshilfen gehe ich jede Wette ein, dass der Konzern früher oder später in die Insolvenz fallen wird. Natürlich wird der Steuerzahler bzw. unsere Bundesregierung die Lufthansa nicht vom Markt verschwinden lassen. Ob es großzügige Finanzspritzen oder eine (Teil) – Verstaatlichung der Lufthansa gibt, die Marke wird nach der Krise in irgendeiner Form weiter existieren.
Nur wie sieht es jedoch deiner Meinung dann mit den Meilen aus? Bleiben die erhalten? Ich bin der Auffassung, dass das Meilenkonto dann irgendwann wertlos sein könnte bzw. in die Insolvenzmasse fließt, denn auch bei mir wäre abzusehen, dass sich einige Hunderttausend Meilen ansammeln könnten, wenn ich so weiter machen würde.
Die haben nämlich dann auch einen reellen und signifikanten Gegenwert. Die möchte ich jedoch ungern sinnlos verschleudern und da macht es vermutlich Sinn, erstmal weniger mit Miles & More zu sammeln, sondern nun verstärkt auf Payback zu gehen
(Konvertierung ja immer möglich) oder der Amex als multifähiges Konvertierungstool. Was denkst du, sind Punkte und Meilen sicher? Wie schätzt du die Lage ein, oder was wäre deine Vorgehensweise?“
Ob deine Punkte und Meilen sicher sind, kommt drauf an, wo du sammelst
Sind Punkte und Meilen sicher? Eine klare Antwort. Jein. Es kommt jetzt in und nach der Krise darauf an, in welchem Programm du sammelst. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, ob die jeweilige Airline von den Folgen der Krise besonders bedroht ist, sondern auch, ob das Programm Teil der Fluggesellschaft ist oder ausgelagert.
Grundsätzlich sind fast alle Vielfliegerprogramme gesund und haben in den letzten Jahren solide Gewinne erwirtschaftet.
Aadvantage, das Programm von American Airlines, generierte 2017, laut einem Bericht der Los Angeles Times, Einnahmen in Höhe von 2,1 Milliarden US-Dollar. Laut Fluggesellschaft war das weltweit größte Vielfliegerprogramm mit mehr als 100 Millionen Mitgliedern für einen Großteil des 3,9 %igen Wachstums bei den „sonstigen Einnahmen“ verantwortlich, die nicht aus der Beförderung von Passagieren und Fracht stammten. Im gleichen Zeitraum sanken bei American Airlines die Gesamteinnahmen um 2 % auf 40,2 Milliarden Dollar.
Als die Lufthansa 2014 Miles & More verselbständigte, erklärte die Wirtschaftswoche das Programm zum Gewinngaranten. „Längst sind die Meilenclubs von einem Kundenbindungsprogramm zu einem wichtigen, wenn nicht sogar der wichtigsten Gewinnquelle geworden, ohne die keine Airline schwarze Zahlen schreibt.“ Auf rund 700 Millionen Euro schätzte die Wirtschaftswoche den Gewinn des Programms im Jahr 2012.
Wie wertvoll die Programme für die Airlines sind, kann auch leicht am Veräußerungswert von topbonus gesehen werden. Als airberlin finanziell angeschlagen war, verkauften sie 2012 einen Anteil von rund 70% an Etihad für 184,4 Millionen Euro. Damals hatte topbonus gerade einmal drei Millionen Mitglieder.
Wenn du deine Meilen bei einer Airline sammelst, die von der Insolvenz bedroht ist, dann solltest du sie möglichst schnell in Tickets bei Airline-Partnern einlösen, die besser dastehen.
Wie zum Beispiel MilleMiglia von Alitalia in der derzeitigen Situation sich noch um Neumitglieder bemüht, ist mir ein Rätsel.
„Nutzen Sie diesen Moment, damit sich Ihre Familienmitglieder unter 26 Jahren bei MilleMiglia Young einschreiben! Es ist kostenlos und er oder sie hat 4 Monate Zeit, um mit dem Meilensammeln zu beginnen und einen herzlichen Willkommensbonus von 4.000 Meilen zu erhalten!“, so in der E-Mail vom 9. April.
Wenn du deine Meilen bei Miles & More, dem British Airways Executive Club, Aadvantage von American Airlines, oder anderen großen Gesellschaften sammelst, würde ich mich recht entspannt zurücklehnen. Einen Totalverlust, wie zum Beispiel bei der Insolvenz von airberlin und dem topbonus Programm, würde ich ausschließen.
Auch deine Punkte bei Payback oder im Membership Rewards Programm von American Express kannst du beruhigt auf dem Konto lassen und auch weiterhin sammeln. American Express hat die Finanzkrise gut überstanden und notierte 2017 auf Platz 119 der größten börsennotierten Unternehmen der Welt.
Payback befindet sich übrigens seit 2010 im Besitz von American Express. Mit deiner American Express Karte zum Beispiel der Blue oder auch der Payback American Express kannst du aus meiner Sicht ohne Bedenken weiter Punkte sammeln.
Wenn Lufthansa CEO Carsten Spohr jedoch sagt „Nichts wird mehr sein wie vorher“, dann stimme ich ihm zu. Zwar kann zurzeit niemand die Entwicklung wirklich genau abschätzen, aber ich erwarte eine Veränderung in der Landschaft der Geschäftsreisen. Unternehmen, die gerade jetzt den Vorteil von digitalen Konferenzen schätzen lernen, werden in Zukunft erheblich Reisekosten einsparen. Der touristische Flugverkehr wird eher zunehmen.
Dieser Trend wird mittelfristig dazu führen, dass die Business Class zugunsten der Premium Economy abgebaut wird. Der durchschnittliche Urlaubsreisende wird eher ein Premium Eco, als ein hochpreisiges Business Class Ticket erwerben. Die First Class wird nicht mehr leiden, als bisher. Wer im Konzern jetzt ein First Ticket verfliegen darf, wird dies auch noch nach der Coronakrise noch dürfen.
Bevor die Kapazitäten der Entwicklung angepasst werden, erwarte ich eine höhere Verfügbarkeit von Prämien Tickets in der Business Class, als manchmal in der Vergangenheit.
Sind Punkte und Meilen sicher oder droht eine Meileninflation?
Ein echtes Risiko für Punkte und Meilen sehe ich jedoch in der zu erwartenden Entwertung. Über kurz oder lang erwarte ich höhere Flugpreise und entsprechend höhere Meilenwerte. Hier liegt aus meiner Sicht die Gefahr. Die Rückstellungen für die Meilen in den Bilanzen könnten so über Nacht deutlich reduziert werden.
Eine starke Meilenentwertung oder Meileninflation ist dabei für Programmbetreiber und uns Meilensammler überhaupt nichts Neues. Im Gegenteil gehörte es in den letzten Jahren bei vielen Programmen zur Praxis.
Qatar Airways hat im Mai 2018 quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Preis für Prämien Tickets mit einer krachenden Meileninflation im Privilege Club um teilweise mehr als 50 % angehoben. Im Frühherbst 2018 folgte tap. Seit dem 3. September 2018 musst du bei der portugiesischen Airline bis zu 150 % mehr Meilen für dein Upgrade und bis zu 123 % mehr Meilen für dein Prämien Ticket ausgeben.
Im Januar 2019 folgte KrisFlyer, das Vielfliegerprogramm von Singapore Airlines, mit einer moderaten Entwertung von 10 %. Bei Aadvantage von American Airlines wurden zahlreiche Strecken um bis zu 56 % teurer.
Als Miles & More für Mai 2019 Veränderungen angekündigte, hatte ich schlimmeres erwartet. Mit durchschnittlich nur 6 % mehr Meilen für Prämien Tickets fiel diese Entwertung harmlos aus. Vor allem auch, weil die Meilen für die begehrten Meilenschnäppchen nicht angehoben wurden.
Wetten, dass…? Dabei wird es sicher nicht bleiben. Bereits im Mai des vergangenen Jahres hat Frank Naeve, Vice President Sales The Americas bei Lufthansa, die Umstellung auf ein dynamisches Meilenmodell bei einem Pressegespräch in Miami angekündigt.
„Während die dynamische Preisgestaltung angeblich bessere Angebote für die Einlösung von Meilen für Flüge mit geringer Nachfrage bietet, gefällt sie Vielfliegern (und Meilensammlern) nicht unbedingt, da sie ihnen die Möglichkeit nimmt, zu planen und genügend Meilen zu sammeln, um Tickets für ein bestimmtes Ziel und eine bestimmte Serviceklasse einzulösen“, kommentierte damals richtigerweise das US-Magazin Forbes.
Für die Programmverantwortlichen bietet das dynamische Meilenmodell die Möglichkeit, Erhöhungen für Prämien Tickets elegant zu verstecken. Für den Meilensammler ist es nicht 100 % durchschaubar, da es theoretisch nach Angebot und Nachfrage geht.
smiles, das Loyalty Programm der brasilianischen GOL, hat ein zum Teil dynamisches Programm. In den letzten Wochen musst du für Flüge mit Qatar Airways bei smiles bereits 26 % mehr Meilen als vorher einsetzen. Die Strecke von Berlin-Tegel nach Doha wird für aktuell 55.700 Meilen angeboten. Anfang des Jahres war sie für 43.900 Meilen zu haben.
Was werde ich tun? Wie sorge ich dafür, dass meine Punkte und Meilen sicher sind. Ich werde, sobald wieder ein wenig mehr Planungssicherheit besteht, möglichst viele Meilen in Prämien Tickets umwandeln. Eventuell einige Umbuchungsgebühren zu zahlen, ist weniger schmerzhaft als vielleicht 25 %, 50 % oder noch mehr der Meilen durch starke Entwertungen zu verlieren.
Schon jetzt haben einige Programme die Einlösung von Meilen für Gutscheine gestoppt oder limitiert. Bei Delta Skymiles, Southwest Rapid Rewards und Best Western ist die Einlösung in Form von Shopping Gutscheinen pausiert. Das australische Virgin Velocity limitiert die Einlösung auf einen Gutschein pro Tag pro Mitglied.
Bei Miles & More ist davon noch nichts zu sehen. Im Gegenteil. Bei mytoys, Rossmann und tchibo gibt es in diesem Monat sogar 10 % Nachlass auf die erforderlichen Meilen. Dass du Miles & More Meilen derzeitig nicht in amazon Gutscheine umwandeln kannst, ist wohl eher ein Zufall. Im gleichen Zeitraum, in dem amazon weggefallen ist, wurde Reebok als neuer Gutschein-Partner hinzugefügt.
Eine Entwertung von Punkten bei Payback und Membership Rewards kann übrigens ebenso passieren. Die jeweiligen Umrechnungskurse können auch da jederzeit geändert werden.
Ob mir die Coronakrise die Freude am Punkte und Meilen sammeln vermiest, wurde ich auch schon öfter gefragt. Natürlich nicht. Ich gehe jeden Tag meiner Leidenschaft mit großer Freude weiter nach. Bei aller Spekulation über mögliche Entwertungen, weiß ich doch genau, die Vergünstigungen, die man als Meilensammler erhält, sind ein Bonus. Über den können wir uns auch weiterhin freuen.
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